Otto-Hahn-Medaillen für Benedikt Frieß und Tomce Runcevski.

Benedikt Frieß studierte Physik in Würzburg mit Forschungsaufenthalten an den Universitäten von Oxford und Stanford. Seine Masterarbeit über die Untersuchung von Quantenpunkten in Resonatorstrukturen aus photonischen Kristallen fertigte er in der Gruppe von Prof. Dr. Alfred Forchel an der Universität Würzburg an. Im Anschluss daran wechselte er im Jahr 2010 an das Max-Planck-Institut für Festkörperforschung in die Abteilung von Prof. Dr. Klaus von Klitzing (Forschungsgruppe von Dr. Jurgen Smet).

Im Rahmen seiner Doktorarbeit untersuchte er dort das Verhalten zweidimensionaler Elektronensysteme unter Einfluss eines äußeren Magnetfeldes, in einem Bereich, der durch den Quanten-Hall-Effekt bestimmt wird. Entscheidend für die Ausbildung dieses Effekts ist es, störende Einflüsse aus der Umgebung auf das Elektronensystem zu reduzieren, beispielsweise durch Absenkung der Elektronentemperatur und durch Verwendung hochreiner Kristallstrukturen. Unter solch extremen Bedingungen treten die Wechselwirkungen zwischen den Elektronen in den Vordergrund, was zur Ausbildung einer  Vielzahl exotischer Phasen führt, deren Natur die Forscher noch immer vor Rätsel stellt. Ein besonderer Typ sind sogenannte dichtemodulierte Phasen. Diese zeichnen sich durch eine selbstorganisierte Anordnung der Elektronen in räumlichen Mustern mit Streifen- oder Inselstruktur aus (siehe Abbildung). In seiner Doktorarbeit gelang es Benedikt Frieß das Verständnis dieser, sowie weiterer Elektronenphasen im Quanten-Hall-Regime maßgeblich zu erweitern. Dazu nutzte er beispielsweise die Kopplung der Elektronen an das Spinsystem der umgebenden Atomkerne, um mittels Kernspinresonanz (NMR) Informationen über die mikroskopische Beschaffenheit der Streifenphase zu gewinnen. In einem weiterführenden Projekt untersuchte er unter Verwendung akustischer Oberflächenwellen die Leitfähigkeit sowie das Abschirmungsverhalten der Elektronen in den dichtemodulierten Phasen. Für seine erfolgreiche Arbeit auf dem Gebiet der dichtemodulierten Phasen sowie der Spinphysik im Quanten-Hall-Regime wurde Benedikt Frieß nun mit der Otto-Hahn-Medaille ausgezeichnet.

Tomce Runčevski erlangte seinen Bachelor- und Master-Titel an der Universität "St. Kyrill und Method" Skopje. Während seines Studiums verbrachte er ein Auslandssemester an der Universität Leipzig. 2011 schloss er sein Studium ab und erhielt die Goldmedaille der Universität für herausragende Leistungen. Im selben Jahr begann er sein Promotionsstudium am Max-Planck-Institut für Festkörperforschung in der Wissenschaftlichen Einrichtung "Röntgenographie" bei Prof. Robert E. Dinnebier. 2014 schloss er seine Promotion ab und blieb als Postdoc in der Röntgenographie.

Die wissenschaftliche Arbeit von Tomce Runčevski dreht sich um Problemlösungen in der Festkörperchemie mithilfe von Pulverdiffraktion am Synchrotron und im Labor. Zunächst erforschte er die technischen Grenzen von Ab-initio-Kristallstruktur-Lösungen und -Verfeinerungen. Daraufhin wandte er die Methode in situ an, um chemische Reaktionen und physikalische Prozesse im kristallinen Zustand zu verfolgen. Er konzentrierte sich auf verschiedene Systeme, von Baumaterial bis hin zu Arzneimitteln. Unter anderem beschäftigte er sich mit Karbonisierungs- und Dehydrierungsprozessen in Zementen und löste Kristallstrukturen, die jetzt in der Industrie routinemäßig für qualitative und quantitative Rietveld-Analysen genutzt werden. Mithilfe von Röntgenbeugungsmessungen an Pulvern stellte er die Molekülbewegungen dar, die für das  photoinduzierte makroskopische Zerbrechen organischer Kristalle verantwortlich sind. Im Verlauf seiner Forschung an Arzneimitteln stellte er erfolgreich eine Verbindung zwischen der Ausbildung von Wasserstoffbrücken und der Kristallgröße bzw. -form her. In letzter Zeit leistete er auch einen Beitrag zum Verständnis der thermo- und photoinduzierten "springenden" Kristalle, die eine neuartige Basis für saubere Energieumwandlung darstellen. Für seine Forschungsleistungen erhält er die Otto-Hahn-Medaille. Im Juli 2015 wechselt Tomce Runčevski an die University of California, Berkeley und wird dort seine Forschungen in der Festkörper- und Materialchemie fortsetzen.

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