Solarzelle und Batterie in einem

Kohlenstoffnitride ermöglichen Speicherung von Sonnenlicht und zeitverzögerte Entnahme von Strom

Filip Podjaski, Julia Kröger, Bettina V. Lotsch


Der Forschungsgruppe um Bettina Lotsch, Professorin am Max-Planck-Institut für Festkörperforschung in Stuttgart und am Department Chemie der LMU in München, ist es kürzlich gelungen, graphitische Kohlenstoffnitride, bisher vor allem für Teilschritte der „künstlichen Photosynthese“ eingesetzt, zu einem solaren Batterie-Material weiterzuentwickeln, welches Sonnenenergie speichern und zeitverzögert in Form von Strom abgeben kann. Von dieser Entdeckung wird in der Fachzeitschrift „Advanced Materials“ berichtet.


Graphitische Kohlenstoffnitride sind graphit-ähnliche, zweidimensionale Polymere, die Licht absorbieren können und die so gewonnene Energie an einen Co-Katalysator abgeben, um Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff aufzuspalten und so „solare Brennstoffe“ zu erzeugen. Diese Brennstoffe sind wichtig, um die Speicherung der Energie des Sonnenlichtes in Form hochenergetischer Moleküle zu ermöglichen. Von derselben Arbeitsgruppe wurde bereits gezeigt, dass man in einem Kohlenstoffnitrid-Polymer namens Polyheptazinimid die Lichtabsorption von der katalytischen Reaktion entkoppeln und somit die Limitierung der künstlichen Photosynthese durch den Tag-Nacht-Zyklus umgehen kann. Somit kann das Kohlenstoffnitrid im Licht mit Elektronen „aufgeladen“ werden, die zu einem späteren Zeitpunkt für die katalytische Reaktion entnommen werden können. Nun ist es gelungen, diesen Prozess zu entschlüsseln und für die direkte Entnahme von elektrischer Ladung nutzbar zu machen. Somit wird das erste Material beschrieben, welches die beiden fundamental wichtigen Eigenschaften Absorption von Sonnenlicht und Speicherung von elektrischer Energie verbindet und damit eine Art „Solarzelle mit integriertem Strom-Speicher“ erschafft. Hiermit wird ein wichtiger Meilenstein zur Gewinnung und Speicherung erneuerbarer Energien ohne Umwege gelegt, da es erstmals möglich ist, die gespeicherte Sonnenenergie aus diesem „Sonnenbatteriematerial“ zeitverzögert abzurufen, ohne auf weitere, externe Batterie-Materialien zurückzugreifen.

Die Kopplung beider Eigenschaften ist ein wesentlicher Vorteil gegenüber bestehenden Konzepten, die auf der Kombination einer Solarzelle mit einer Batterie oder einem Kondensator beruhen, da es die Komplexität wesentlich reduziert und sich außerdem positiv auf die Systemkosten auswirkt. Die Fähigkeit, Strom zu speichern, ist dabei nicht auf die Beleuchtung mit Licht beschränkt. Das Material kann auch auf herkömmliche Weise elektrisch aufgeladen werden und würde somit auch die Speicherung anderer, regenerativer Energiequellen, z.B. des Stroms von Windkrafträdern, ermöglichen.

Zudem erlaubt das hier entwickelte Kohlenstoffnitrid, die Anodenspannung von wässrigen Batterien, die normalerweise durch die Elektrolyse von Wasser limitiert wird, zu erhöhen und somit die Zellspannung für wässrige Batterien zu vergrößern, was automatisch ihre Energiedichten ansteigen lässt.

Das hier beschriebene, graphitische Kohlenstoffnitrid ist zudem ein skalierbares, sehr preisgünstig herzustellendes und auf organischen Bestandteilen basierendes Polymer, das in wässriger Umgebung betrieben und somit ohne giftige und umweltschädliche Elektrolyte genutzt werden kann. Damit eröffnet es interessante Materialperspektiven für eine nachhaltige Energieversorgung unserer Gesellschaft.

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