Sonnenlicht rein – Energie raus, lange nach Sonnenuntergang
Forscher entwickeln eine Hochleistungs-Solarbatterie basierend auf einem porösen organischen Material, das Sonnenenergie über Stunden speichert.
Dieses Material funktioniert wie ein Sonnenspeicher: Es speichert die Energie aus Sonnenlicht und kann sie auch Stunden nach Sonnenuntergang als Strom wieder abgeben. Entwickelt wurde das poröse organische Material von Forschenden des Max-Planck-Instituts für Festkörperforschung in Stuttgart, der Technischen Universität München und der Universität Stuttgart. Die eingefangene Sonnenenergie lässt sich so auch im Dunkeln zur Stromversorgung nutzen. Erstmals ist es gelungen, Lichtnutzung und Langzeitspeicherung der gewonnenen Energie in einem metallfreien molekularen Gerüstmaterial zu vereinen – einem leichten und nachhaltigen System, das die Funktionen einer Solarzelle und einer Batterie kombiniert.

Die im Journal of the American Chemical Society veröffentlichte Studie (DOI: https://doi.org/10.1021/jacs.4c17642) entstand mit Förderung des Exzellenzclusters e-conversion. Darin präsentieren die Forschenden eine zweidimensionale organische Gerüstverbindung (covalent organic framwork, kurz COF) auf Basis von Naphthalendiimid (NDI). Dieses Gerüstmaterial absorbiert nicht nur Sonnenlicht, sondern stabilisiert auch die dabei entstehenden Ladungen – und ermöglicht so eine Energiespeicherung von über 48 Stunden im wässrigen Medium. Die gespeicherten Ladungen bleiben nicht nur stabil, sondern lassen sich gezielt für die Energieversorgung externer Geräte, also einer realen energetischen Anwendung, nutzen. „Dieses Material hat eine Doppelfunktion: Es wirkt sowohl als Sonnenlicht-Absorber als auch als Langzeit-Ladungsspeicher“, sagt Dr. Bibhuti Bhusan Rath, Erstautor der Studie und Postdoktorand im Team von Prof. Bettina Lotsch (Direktorin am Max-Planck-Institut für Festkörperforschung). „Seine Leistungsfähigkeit übertrifft die vieler existierender optoionischer Materialien – und das ganz ohne Metalle oder seltene Elemente.“
Durch die Kombination modernen optischer und elektrochemischer Methoden sowie computergestützter Simulationen entdeckten die Forschenden, dass Wasser eine zentrale Rolle bei der Stabilisierung der gespeicherten Ladungen spielt. Anstelle einer Wechselwirkung mit externen Ionen beeinflussen die im COF-Rückgrat gespeicherten Ladungen die Orientierung der umgebenden Wassermoleküle in einer Weise, die zur Bildung einer energetischen Barriere führt. Diese verhindert effektiv die Rekombination der lichtinduzierten, gespeicherten Ladungen – und hält die Energie für eine spätere Nutzung vor. Das Material erreicht eine Ladungsspeicherkapazität von 38 mAh/g und übertrifft damit sowohl vergleichbare Gerüstmaterialien sowie andere lichtempfindliche Materialien wie Kohlenstoffnitride oder metallorganische Gerüstverbindungen.

Der theoretische Mechanismus hinter diesem Verhalten wurde gemeinsam mit dem Team von Prof. Frank Ortmann (TU München), dem zweiten korrespondierenden Autor der Studie, aufgeklärt. In umfassenden Simulationen untersuchten sie verschiedene Szenarien zur Ladungsstabilisierung und kooperierten eng mit den experimentellen Gruppen arbeitenden Forschenden, um das Zusammenspiel zwischen COF-Struktur, elektronischen Zuständen und der Wasserumgebung zu verstehen. „Was dieses Systems auszeichnet, ist seine Einfachheit und Robustheit“, so Ortmann. „Es kann lichtinduzierte Ladungen in einem stabilen Zustand speichern – dank des fein abgestimmten Zusammenspiels von Moleküldesign, Gerüststruktur und umgebender Matrix – und sie bei Bedarf wieder freisetzen.“
Das Team, das auch mit Forschenden um Prof. Joris van Slageren von der Universität Stuttgart zusammenarbeitete, zeigte zudem, dass eine hervorragende Zyklenstabilität vorliegt: Nach mehreren Ladezyklen blieb über 90 % der Kapazität erhalten – ein starkes Argument für den Einsatz als Solarbatterie. „Diese Arbeit zeigt das Potenzial organischer Gerüstmaterialien, gezielt für fortschrittliche Energieanwendungen angepasst zu werden – allein mit organischen Bausteinen und Wasser“, sagt Lotsch, leitende Autorin der Studie. „Das ist ein bedeutender Schritt in Richtung nachhaltiger, materialbasierter Energiespeicherlösungen und autarker Anwendungen.“ Der innovative Ansatz wird am neu gegründeten MPG-TUM-Zentrum für Solarbatterien (SolBat) weiter erforscht.
Förderung und Danksagung:
Diese Arbeit wurde unterstützt von der Max-Planck-Gesellschaft, der Max-Planck-Förderstiftung (Projekt SolBat), der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen des Sonderforschungsbereichs 1333 sowie des Exzellenzclusters e-conversion. Weitere Unterstützung kam von der Alexander von Humboldt-Stiftung sowie durch Rechenressourcen an der TU Dresden und am LRZ Garching.